Translater:
Brauchen wir ständig neue Bildungsoffensiven und noch mehr Akademiker?
Einmal
angenommen, es gäbe eine Wunderpille, die die Intelligenz aller
Menschen um 20 % erhöhen könnte und angenommen, der Staat
würde durch eine Verdoppelung der Bildungsausgaben erreichen,
dass fast alle Deutschen einen Studienabschluss hinbekämen -
hätten sich damit die notorischen Beschäftigungsprobleme
der Bevölkerung erledigt?
Würde es dann keine sieben Millionen Hartz-IV-Bezieher und
Millionen von Frühverrentungen mehr geben?
Wer
die Frage so deutlich stellt, der wird schnell dahinterkommen, dass
die Dauerausrede "mangelnde Bildung" für die
Massenarbeitslosigkeit nicht herhalten kann.
Denn den Industrienationen mangelt es nicht an hochqualifizierten
Studienabgängern - das Problem der Industriestaaten ist das
im zollfreien Verdrängungswettbewerb viel zu hohe
Lohnniveau. Doch dieser Missstand ließe sich leicht
beheben, man bräuchte eben nur die Zölle wieder
anheben.
Gibt
es einen Bedarf für mehr Akademiker?
Der
Bevölkerung wird immer wieder vorgejammert, unser Land brauche
mehr Studienabsolventen, im internationalen Vergleich lägen wir
weit zurück. Doch erstens stimmt diese Behauptung so nicht (nur
wenige Länder übertreffen unsere Akademikerquote) und
zweitens sind die Zahlen der "Vorbilder" mit Deutschland nicht
vergleichbar.
Laut
Statistik schaffen in Deutschland 21 % der jungen Leute einen
Studienabschluss, im benachbarten Polen sollen es 47 % sein. Die hohe
polnische Erfolgsquote ist derart verblüffend, dass man sich
unwillkürlich fragen muss, was die Polen aus ihrem hohen
Bildungsabschluss eigentlich machen. Ist Polen das Land der
Innovationen, die Denkfabrik der Welt (diese Rolle hat die hohe
Politik doch uns Deutschen bereits zugeordnet)?
Nein, die Beschäftigungsstruktur in Polen ist kaum anders als in
allen anderen westlichen Industrienationen. Auch in Polen muss es
Leute geben, die die "eigentliche Arbeit" machen, die Facharbeiter,
Verkäufer, Landwirte, Kaufleute, Sicherheitskräfte usw.
Denn auch in einem modernen Industrieland können niemals 47 %
der Bevölkerung sinnvoll als Akademiker beschäftigt werden
- sondern eben höchstens 20 %.
Wer die Verhältnisse in Polen etwas näher kennt, der weiß auch, woraus die hohe Akademikerquote bei den jungen Leuten resultiert - es handelt sich ganz einfach um eine andere Zuordnung. Für stinknormale Facharbeiterberufe gibt es dort "Akademien", deren Absolventen sich dann später Akademiker nennen dürfen. Der polnische Ausbildungserfolg beruht also lediglich auf einer inflationären Titelschwemme - die "echten" Studienabschlüsse sind niedriger als bei uns. (Anmerkung: Auch der Begriff "Gymnasium" hat in Polen eine ganz andere Bedeutung als bei uns).
Die
deutsche Akademikerquote muss nicht erhöht werden!
Deshalb
wage ich die Behauptung: Der Anteil der Akademiker muss in
Deutschland nicht weiter hochgeschraubt werden! Schon heute gibt
es hierzulande viel zu viele hoch qualifizierte Studienabgänger,
die sich wegen mangelnder Arbeitsplätze weit unter wert
verkaufen müssen, also ihre teure Ausbildung nicht nutzen
können und sich als Taxifahrer oder anderweitig
verdingen. Das
deutsche Problem liegt deshalb meines Wissens in der falschen
Studienwahl. Junge Abiturienten zieht es übermäßig in
den überlaufenen Öffentlichen Dienst und nicht dorthin, wo
die Fachkräfte wirklich dringend gebraucht werden, nämlich
in die Ingenieursberufe, die Medizin und Naturwissenschaften.
Die
Ingenieursberufe sind zu unattraktiv!
Die
Politik und die Wirtschaft sollten sich einmal Gedanken darüber
machen, warum so viele Leute auf Biegen und Brechen Beamte werden
wollen und sich scheuen, in die freie Wirtschaft zu gehen. Die Angst
vor einem beruflichen Werdegang in der Industrie kommt nicht von
ungefähr. Bei vielen Firmen, die sich so vehement über
mangelnden Nachwuchs beklagen, sind feste Anstellungsverträge
immer noch eine Seltenheit.
Und die Verdienste sind im Vergleich zum Öffentlichen Dienst auch eher bescheiden. Ein hochqualifizierter Ingenieur verdient in der Regel deutlich weniger als ein Lehrer für Behinderte, ein Gymnasiallehrer oder Richter. Wenn Abiturienten vor der Berufswahl stehen, spielen Arbeitsplatzsicherheit, Verdienstmöglichkeiten und voraussichtliche Arbeitsbelastung eine entscheidende Rolle - und unter diesen Gesichtspunkten erscheinen die freie Wirtschaft und vor allem die Ingenieursberufe oft unattraktiv.
Warum
sind in der Vergangenheit viele hochqualifizierte Spezialisten ins
Ausland gegangen? Natürlich weil die Verhältnisse dort
besser waren und die deutsche Industrie mit ihren ständigen
Produktionsverlagerungen ins Ausland als unzuverlässig galt.
Haben die Unternehmen versucht, die mit viel Aufwand und Kosten
ausgebildeten Spezialisten durch feste Arbeitsverträge und
angemessene Gehälter im Betrieb oder im Lande zu halten? Nein,
das haben sie oft nicht! Sie haben sie lieber ziehen lassen. Jetzt
jammern sie, reklamieren einen Bedarf - sind aber immer noch nicht
bereit, feste Arbeitsplätze und bessere Verdienste anzubieten.
Stattdessen verordnen sie Kurzarbeit, bangen um die wirtschaftliche
Entwicklung der nächsten Jahre und sehen schwarz für den
Produktionsstandort Deutschland. Was erwartet man eigentlich von den
jungen Leuten - hält man sie für blöd?
Ein
konkreter Vorschlag: Wir brauchen Werdegangsanalysen
Fest
steht - würden Abiturienten wissen, wie die Beschäftigungs-
und Verdienstchancen in allen Akademikerberufen konkret einzuordnen
sind, würden viele nicht blindlings in die Abseitsfalle laufen
und etwas studieren, wo nur mäßige Chancen auf einen
echten Vollzeitjob bestehen.
Deshalb fordere ich genaue berufliche Analysen über die
Werdegänge in den einzelnen Berufen. Es müsste genau
erfasst werden, was später aus den Studienabsolventen wird.
Welchen Status und welche vergleichbaren Bruttogehälter ergeben
sich nach drei, fünf oder zehn Jahren? Wenn ein Abiturient
sieht, dass viele ausgebildete Grafiker,
Betriebswirte,Gymnasiallehrer usw. auch nach fünf Jahren noch
keine Vollzeitstelle abbekommen haben, wird die Lust auf dieses
Studium sicher reduziert. In anderen Berufen weisen die Statistiken
dann vielleicht eine weit bessere Arbeitsmarktlage aus, wodurch die
Attraktivität sich für diese Berufe erhöht.
Ich glaube, dass durch eine bessere Transparenz Fehlentwicklungen bei
der Studienwahl vermieden werden. Denn auch die Wirtschaft sieht bei
einem solch offenen Vergleich ihre Schwächen und erkennt
vielleicht, warum manche Berufschancen zu wenig wahrgenommen werden
(also der Verdienst vielleicht doch zu niedrig ist).
Zweiter
Vorschlag: Auswanderung von Akademikern stoppen!
Ein
Staat, dessen Existenz weitgehend abhängig ist von den Eliten
der nachwachsenden Generation, kann nicht sehenden Auges zulassen,
wie mit Staatsgeldern teuer und langwährig ausgebildete
Leitungsträger so peu à peu in ferne Landen
entschwinden. Man
solle sich doch einmal vergegenwärtigen, was ein Staat alles in
die Zukunft eines jungen Akademikers investiert hat: Von Geburt an
gab es Kindergeld, Steuervergünstigungen, Elterngeld,
Erziehungsgeld, evtl. Hartz-IV-Zuschüsse, dann die lange
Schulzeit und last but not least das Studium.
Rechnet man alles zusammen, summieren sich die staatlichen
Investitionen in einen jungen Menschen bis zu seinem Studium auf etwa
300.000 Euro. Wäre es da nicht recht und billig, einen Teil
dieses Geldes (vielleicht ein Drittel) zurückzuverlangen, falls
der Jungakademiker ins Ausland will? Man könnte doch zumindest
eine 12jährige Sperrfrist einführen - wer nach dieser Frist
auswandert, braucht dann nichts mehr zu löhnen.
Wäre
eine solche Ablösesumme unrecht?
Aber ist es dann nicht auch unrecht, den Steuerzahlern Geld
abzuknöpfen für die Ausbildung von Akademikern, die nach
Abschluss ihrem Förderland den Rücken kehren? Ein
Sozialstaat kann sich am Ende nur erhalten, wenn das System nicht
missbraucht wird.
Vor 60 Jahren mussten Eltern trotz karger Löhne für die
Erziehung ihrer vielen Kinder nahezu ganz allein aufkommen (wobei der
Vater meist Alleinverdiener war). Heute wird die Familie vom Staat
massiv unterstützt, die Kosten für den Nachwuchs weitgehend
vom Staat getragen. Da passt es einfach nicht ins Bild, wenn
ausgerechnet die Auslese dieses Mammutprogramms sich nach
Inanspruchnahme aller Leistungen ins Ausland schleicht.
Ohne
globalen Dumpingwettbewerb wären alle Probleme
gegenstandslos!
Ich
kann es nicht genug betonen - gäbe es diesen verrückten
globalen Dumpingwettbewerb nicht (hätte man also angemessene
Zölle, wie es zu Zeiten des deutschen Wirtschaftswunders
üblich war), dann bräuchte man über diesen
vermeintlichen Bildungsnotstand kaum Worte verlieren. In einem
intakten Binnenmarkt wären auch die arbeitsintensiven Bereiche
in der Produktion nicht ausgelagert worden und es gäbe noch eine
gesunde Beschäftigungsstruktur mit gutbezahlter Arbeit auch
für geringer Qualifizierte.
In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass vor ca. 30
Jahren
der
reale Nettolohn
um
gut 15 % höher lag als heute, obwohl Deutschland damals mit
weniger Akademikern auskam und auch Volksschüler einen guten Job
erhielten. Man verdiente damals mehr, obwohl sich die
Produktivität (der technische Fortschritt) seitdem um mindestens
80 % erhöht hat.
8
% der Jugendlichen schaffen nicht einmal einen
Hauptschulabschluss!
Auch
dieses traurige Kapitel wäre ohne globalen Dumpingwettbewerb
(also bei angemessenen Zollgrenzen) nicht existent: Denn in einem
intakten Binnenmarkt hätten auch Jugendliche mit einen
Hauptschulabschluss einen sicheren Platz in unserer Arbeitswelt und
in unserer Gesellschaft.
Dass 8 % der Jugendlichen den Hauptschulabschluss nicht hinbekommen
liegt doch hauptsächlich an der allgemeinen Hoffnungslosigkeit:
Warum sich disziplinieren, brav zur Schule gehen und lernen, wenn der
Hauptschulabschluss die Chance auf einen akzeptablen Ausbildungsplatz
kaum erhöht? Wer als Jugendlicher schon als Loser abgestempelt
wird, beginnt früh, sich von dieser brutalen Gesellschaft
abzuwenden und sich auf ein Leben mit Hartz IV
einzustellen.
Immer
mehr Bildung, mehr Leistung, mehr Stress und sinkende
Löhne - dass ist die Logik der Globalisierung. Einer
Globalisierung, die keinesfalls natürlichen Ursprungs
ist sondern künstlich entfacht wurde durch
den
Abbau
der Zölle
und
Subventionierung der Transportkosten.
Auch
staatliche Bildungskosten stellen eine Investition dar, die
sich irgendwie rechnen muss. Die populäre Faustformel,
mehr Ausgaben für die Bildung seien immer lohnend,
stimmt einfach nicht! Heute
erzielen sehr viele Akademiker nicht einmal das
Realeinkommen eines Facharbeiters (mit Hauptschulabschluss)
vor 30 Jahren.
Es
wird immer wieder bemängelt, der soziale Hintergrund
sei entscheidend für den schulischen Erfolg der Kinder
und Jugendlichen. Verschwiegen
dabei wird, dass nun einmal auch die geistigen
Fähigkeiten bei den Menschen ungleich verteilt sind und
viele Jugendliche selbst mit teuren staatlichen
Sonderförderungen einen Abiturabschluss nicht
hinbekommen würden. Die
Schuld für die Bildungsmisere wird grundsätzlich
beim Staat gesucht - dass den Eltern und Schülern auch
eine gewisse Verantwortung zugemutet werden darf, wagt in
unserem Sozialstaat kaum jemand
auszusprechen.
Manche Lehrer sind voreingenommen!
Es
lässt sich schwerlich bestreiten: Es gibt zahlreiche
Lehrer, die Vorurteile gegenüber ihren Schülern
aufbauen. Kommt
ein Kind aus "gutem Hause", so heißt es gleich, da
stecke Substanz dahinter. Kinder aus einfachen oder niederen
Verhältnissen dagegen werden oft (unbewusst) innerlich
abgelehnt bzw. ihre Leistungen abgewertet.
Dies
zeigt sich besonders bei schwieriger einzuschätzenden
Arbeiten wie z. B. Aufsätzen und Vorträgen.
Erschwerend kommt hinzu, dass die mündliche Mitarbeit
auf den meisten Schulen einen viel zu hohen Stellenwert
genießt. Damit erhöht sich die Macht der Lehrer
und das Willkürpotential bei der Benotung. Der Direktor
eines Gymnasiums sagte es mir offen ins Gesicht: "Die
tatsächlichen Kenntnisse und Leistungen der
Schüler spielen eine untergeordnete Rolle - viel
wichtiger sei die Beteiligung am Unterricht". Als ob man die
jemals objektiv und korrekt messen könnte!
Durch
diese in meinen Augen verschrobene Kausalität kommen
Dummschwätzer zu hohen Ehren und guten Zensuren (die
sie wiederum im Berufsleben begünstigen), während
die wirklich Tüchtigen demoralisiert werden.
Lesen Sie auch: Die dreiste Proklamation des Fachkräftemangels!
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Abhandlungen dazu finden Sie in meinen Büchern.
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Impressum
© Dieser Text ist die Zusammenfassung einer Studie des
unabhängigen, parteilosen Wirtschaftsanalysten und Publizisten
Manfred J. Müller aus Flensburg.
Erstveröffentlichung 2007.
Manfred J. Müller analysiert seit 40 Jahren weltwirtschaftliche Abläufe. Er gilt als wegweisender Vordenker. So forderte er zum Beispiel schon vor 20 Jahren eine Art Lieferkettengesetz, das Hersteller und Händler verpflichtet, nur fair entlohnte und produzierte Waren nach Deutschland einzuführen (wurde endlich im Mai 2021 Gesetz). Außerdem empfahl er schon ewig eine Mindestgewinnsteuer für Großunternehmen auf im Inland angefallene Umsätze (Joe Bidens Vorschlag von einer globalen Mindestertragssteuer im Frühjahr 2021 zielt zwar endlich in die gleiche Richtung, ist aber viel zu lahm und wird sich international kaum umsetzen lassen). Seit drei Jahrzehnten kämpft Manfred J. Müller auch für seine Idee einer Lohnkostenreform (schrittweiser Abbau der Sozialversicherungsbeiträge bei einer Gegenfinanzierung über Mehrwertsteuern und Zölle).
Wege
aus der Krise
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Wie
Unaufrichtigkeit, geschönte Wirtschaftsdaten und
hartnäckige Vorurteile in der Vergangenheit zu
verhängnisvollen Fehlentwicklungen führten. Und
was jetzt getan werden muss, um aus der selbstverschuldeten
ideologischen Sackgasse wieder herauszukommen. Eine
fundamentale Streitschrift, die ganz neue Perspektiven
aufzeigt (mit über 60 dringend notwendigen
Reformvorschlägen).
Manfred
Julius Müller, 172 Seiten, Format 17x22
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